Domi Bade |
Am 11.10.2013 eröffnete das Friedberger Helden Theater e. V.
im Bistro Cockpit die mittlerweile dritte Saison des Dichterwettstreits in
Reichelsheim. 38 Jahre zuvor strahlte NBC die erste Folge von Saturday Night
Live aus. Manch ein Text des Abends hätte auch dort zu Ruhm und Ehre gelangen
können, doch lagen ja fast vier Dekaden dazwischen. Und außerdem war es
Freitag. Nochzudem ging es im Cockpit weit lyrischer zu: 10 Wortkünstlerinnen
und -künstler traten vor ausverkauftem Haus gegeneinander an. Bevor jedoch das
gesprochene Wort den Vorrang bekam, wärmte Dominik Bade von der Frankfurter
Band „Domi, bade!“ mit gefühlvollem deutschsprachigem
Singer-Songwriter-Material auf und bewies, dass seine Band zurecht schon als
Vorgruppe von Größen wie „Mike and the Mechanics“ spielte.
Lucy |
Für die erste von drei Vorrunden hatte das Publikum Lucy
Klimek aus Darmstadt, Carmine Squillace aus Gießen und Gedeon Hesch aus
Kaiserslautern ausgelost. Lucy rüttelte mit einem Stakkato an Reimen an Mauern,
Carmine ging der Frage auf den Grund, weshalb Liebe manchmal an Paranoia
grenzt, doch trotz sehr hörenswerter Konkurrenz konnten Lucy und Carmine gegen
den Lyrik-Rap des Kaiserslauterers, den er Gangster-Rappern mit
„Kleinstadt-Attitüde“ lautbildlich entgegenhielt, nicht punkten. Gedeon
sicherte sich den ersten Finaleinzug.
Katharina |
Die zweite Vorrunde wurde von DichterDran aus Frankfurt am
Main mit einem Text in Frankfurter Mundart über erste Dates und ihre Tücken eröffnet.
Ihr folgte Katharina Treudt aus Nidderau, die mit traurigem, aber leicht
hoffnungsvollem Vortrag feststellte, dass Dinge, die verloren sind, nicht weg,
sondern einfach nur woanders sind. Das dritte Los für Vorrunde zwei fiel auf den
Friedberger Thorsten Zeller. Seine Kindergeschichte für seinen Sohn über eine
Fledermaus gewann das Herz des Moderators Andreas Arnold auf Anhieb, denn die
Fledermaus hieß Andy; „angeblich“ des Reimes wegen. Den Abschluss machte Merlin
Veit aus Darmstadt und debütierte mit einer Geschichte über den Autounfall einer
Eisdielenbekanntschaft, die er mit einem überraschenden Happy End letztlich von
der Tragödie zur Komödie überführte. Durchsetzen konnte sich nach einer
spannenden Auszählung der 16 Tischbewertungen DichterDran.
Susanne |
Nach der Pause und weiteren Lieder von Domi Bade traten Susanne
Heydecke aus Lißberg, Dominik Rinkart aus Karben und Mary Grebner aus Bad
Nauheim in die Konkurrenz um den letzten Finalplatz. Susanne, die spontan einen
der beiden freien Listenplätze beansprucht hatte, brachte den zweiten
kritischen Text über Möchtergern-Rapper. Ein beliebtes Thema an diesem Abend. Da
auch sie ursprünglich aus K’lautern kam, muss dort ja einiges abgehen. Dominik
konterte mit einem Glanzstück aus seiner Reihe „Geschichten, die in einem Zug
spielen“. Mary schloss die Vorrunden mit einer Kurzgeschichte über einen
handyfreien Familienausflug. Letztlich erwies sich Dominiks Zug als der
pünktlichste und fuhr versiert ins Finale ein.
Dominik, Fledermaus, DichterDran, Gedeon |
Im Finale parodierte Gedeon Hesch gekonnt die überzogene
Härte der russische Staatsmacht und schuf damit ein satirisches Manifest für
die Meinungsfreiheit, das sich bewusst auf Situationen, wie das Schicksal der
Band „Pussy Riot“ oder der derzeit in russischer Haft befindlichen Greenpeace-Aktivisten,
fokussierte. DichterDran blieb bei der schon in der Vorrunde erfolgreichen
Karikatur der Mann-Frau-Beziehung und wusste auf die Antwort ihrer eigene
Forderung, der Partner solle doch mal etwas Nettes sagen, bereits den Ratschlag
an alle Frauen entgegen zu setzen: „Hüte dich vor den Schmeichlern!“ Dominik
Rinkart schloss das Finale mit einem Text aus seiner Reihe „Geschichten, die
nicht in einem Zug spielen“ und verließ damit überraschend das unterhaltsame
und leichtefüßige Comedy-Genre. Der Karbener hinterließ dafür bleibende
Eindrücke mit schwerer und metrisch beeindruckender Lyrik. Der Applausentscheid
sprach eine eindeutige Sprache: Drei so bereichernde Texte wollte niemand aus
dem Publikum auf einen der hinteren Plätze verweisen. So erklärte der Moderator
alle drei Finalteilnehmer zu Siegern des gelungenen Abends, dessen Gelingen
jedoch ohne Zweifel allen Teilnehmern gleichermaßen zuzuschreiben war. Wir
freuen uns auf den nächsten Dichterwettstreit mit Musik am 14. Dezember 2013.
Karten gibt es wie immer im Vorverkauf im Ticketshop Friedberg, im Cockpit oder
an der Abendkasse.