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Mittwoch, 20. Februar 2013

8. Poetry Slam im Cockpit; Flugbericht


Glückliche Slammer mit Frei-
getränken und gratis Pizza
 16. Februar 2013, Samstag, Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt und neun Poetinnen und Poeten im Dichterwettstreit? Unvereinbar? Nicht im Bistro Cockpit. Hier reichen sich Fußballfans und Freunde geistvoller Lyrik freundschaftlich die Hand. Als Nick und Alexia eigentlich die erste halbe Stunde vor dem Wettbeweb mit wunderbaren Gitarrencovers versüßen sollten, wurde die zweite Halbzeit angepfiffen. Als der Moderator eigentlich die Regeln des Poetry Slams erklären sollte, prügelte Occean einen Distanzschuss am Tor vorbei und entlockte dem Dortmunder Keeper Weidenfeller ein müdes Gähnen. Als der erste Vortrag die Herzen der lyrikbegeisterten Gäste des Cockpit treffen sollte, traf Jung immerhin die Latte des borussischen Tores. Doch dann mit dem Abpfiff dieser denkwürdigen, trotz Unterzahl mit drei Gegentreffern zu Null für Frankfurt verlorenen fußballerischen Tragödie, kam der ersehnte Anpfiff für das beste Spiel des Abends: Das mit Worten.
Johnny Fontane macht
seinem Nachnamen Ehre

In der ersten Runde starteten Marco Michalzik (Herborn), Markus Zinkl (Wölfersheim) und Johnny Fontane (Friedberg). Marco ließ verbale Papierflieger auf das Publikum los, Markus, ein treuer Stammgast des Reichelsheimer Poetry Slams, der an diesem Abend seinen ersten Text auf die Bühne brachte, spiele überraschend gut mit der Erwartungshaltung des Publikums und kassierte viele verdiente Lachtränen ein, und Johnny präsentierte ein wirklich ansehnliches Gedicht über das Dichten selbst. Letztlich entschied das Publikum, das wie üblich mittels Tischbewertungen demokrtaisch den Veranstaltungsverlauf mitbestimmte, dass der sympatische Herborner der erste Finalist des Abends werden solle.


Mary Grebner und Andreas
Arnold mit Tonsur

In der zweiten Runde gaben sich Dominik Rinkart (Karben), Lucy-Kiara Klimek (Darmstadt) und Mary Grebner (Bad Nauheim) die Ehre, unsere Gäste mit ihren Texten zu unterhalten. Dominic dichtete den Sysiphos in die moderne Welt, Lucy-Kiara bewegend über einen Menschen, im Drogensumpf verloren, und Mary über Stress und Hektik in der Arbeitswelt. Auch der letzte Finalplatz verließ die Wetterau und landete im hessischen Umland: Lucy-Kiara hatte einige Tische mehr bewegt und wurde zur zweiten Finalistin.


Alexia singt, Nick spielt Gitarre
und eine Hand Notenständer

In der Pause, wie auch schon eingangs der Veranstaltung, also kurz nachdem die Fußballübertragung zuende war, spielten Nick und Alexia von Good Night Monday, die schon letztes Jahr zu unserem Saisonfinale für wunderbare Stimmung gesorgt hatten, und zeigten, dass manch ein Cover sogar schöner klingen kann als das Original. Danke besonders für "Fairytale of New York", das unseren Moderator Andreas Arnold auf ungehörte Art bewog lauthals mitzusingen.


Thorsten Zeller bringt Weih-
nachtstext zwei Monate zu spät

Die dritte Runde begann Thorsten Zeller (Friedberg), gefolgt von Sven Stickling (Bielefeld) und Aaron Schmitt (Karlsruhe). Thorsten brachte einen von 25 Weihnachtsgedichten, die jedoch keineswegs im Februar deplatziert wirkten, Sven folgte mit hammermäßigen Wortspielen - im Baumarkt - und Aaron, der einen Umweg über Reichelsheim im Odenwald in Kauf genommen hatte, um auf unsere Bühne zu kommen, und es dennoch rechtzeitig zur dritten Vorrunde geschafft hatte, dichtete über Hände und bedurfte selbiger nicht, um dennoch zu berühren. Das Ergebnis der Tischbewertungen war mehr als knapp: Es prasselten nur so 9er- und 10er-Bewertungen auf die drei ein. Zahlreiche Tische konnten sich nicht für einen Sieger entscheiden und gaben mehrfach 10 Punkte. Drei Tische gaben gar dreimal 10 Punkte, so dass es beinahe nach einer Pattsituation aussah. Letztlich führte Aaron jedoch mit wenigen Tischen Vorsprung und machte das Finale komplett.


Finalisten: Marco, Lucy-Kiara,
Aaron nebst Moderator

Im Finale rappte Marco, was das Mikro hergab, Lucy-Kiara zeigte gefühlvoll die Verbindung zwischen Lyrik und Melancholie auf, und Aaron wagte einen Erklärungsversuch für Optimisten. Das Wagnis lohnte sich: Aaron vereinte den meisten Applaus auf sich, und Marco sowie Lucy-Kiara wurden mit nur wenig leiserem Handgeklapper gemeinsam auf die zweite Stufe des Siegertreppchens befördert. Als Belohnung - wir lassen uns nicht lumpen - gab es dieses Mal etwas Besonderes: Je ein Lebkuchenmann für die zwei Zweitplatzierten und - hold your horses - ein ganzes Lebkuchen-Hexenhaus für den einen Erstplatzierten.

Es war ein besonderer Abend, der scheinbare Gegensätze vereinte, blieben doch zahlreiche Fußballfans gleich sitzen und genossen die Veranstaltung nicht minder als die 50 Gäste (das erste Mal ausverkauft!), die extra für den Poetry Slam, teils sogar aus dem Poetry-Slam-verwöhnten Frankfurt anreisten. Am Freitag, dem 5. April 2013 sehen wir uns wieder: Poetry, Music and most likely no football.

Euer Poetry Slam Reichelsheim